Die Filme des jungen, international erfolgreichen österreichischen Avantgarde-Kollektivs Total Refusal werden als „Machinimas“ bezeichnet. Das sind Filme, die mit Hilfe von Spiel-Engines inszeniert werden. Konkret praktiziert und erforscht TOTAL REFUSAL Strategien für künstlerische Interventionen an zeitgenössischen Videospielen. Mit ihrer radikal kritischen Aneignung und Umwidmung von kommerziellen Spielressourcen vollziehen sie eine Umkehrung ihrer Lesart. Als pseudo-marxistische Medienguerilla – wie sich die Mitglieder von TOTAL REFUSAL selbst bezeichnen – betreiben sie kapitalismuskritische Gesellschaftsanalyse mittels populärer PC-Games zwischen Kurzfilm, Performance und Installation.
Ihre abgefilmte Gaming-Performance Operation Jane Walk (2018) generierte erstmals die Aufmerksamkeit der Filmbranche, in die sich Total Refusal seitdem nachhaltig eingeschrieben haben. Hardly Working (2022), eine Kritik an der Leistungsgesellschaft, wurde 2023 sogar mit dem Europäischen Filmpreis bedacht. Die kritische Analyse virtueller und hyperrealistischer Welten von Games trifft offenbar einen Nerv der Zeit.
Die Filme und Performances von Total Refusal wurden u.a. auf der Berlinale, in Locarno und im MoMA in NYC präsentiert. Sie haben bis heute mehr als 46 internationale und nationale Preise und Ehrungen erhalten. Die aktuellen Mitglieder von Total Refusal sind: Susanna Flock, Adrian Jonas Haim, Jona Kleinlein, Robin Klengel, Leonhard Müllner und Michael Stumpf.
19:00 FILMPROGRAMM
Operation Jane Walk (2018, 16 min)
Total Refusal machen sich die dystopische Stadtlandschaft des Multiplayer-Shooter-Spiels „Tom Clancy's: The Division“ für einen friedlichen Stadtrundgang zunutze, im Zuge dessen sie Themen zu Architekturgeschichte und Urbanismus erörtern. Urbane Flaneure in einer digitalen Welt, die eine detaillierte Nachbildung von Midtown Manhattan ist.
How to Dissapear (2020, 21 min)
Ein Antikriegsfilm, der in den malerischen Kriegslandschaften von „Battlefield V“ angesiedelt ist und sich die hyperrealen Grafiken des Videospiels zur Kulisse für eine essayistische Erzählung über Deserteure macht.
Superwonder (2021, 4 min 30 sek)
Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass digitale Welten in aktuellen Open-World-Engines ihre Kosmen auf voraristotelischen Scheiben ausbreiten. Die Konstruiertheit des digitalen Firmaments wird aufgedeckt, Berührungspunkte zwischen spätkapitalistischer, verschwörungstheoretischer und romantischer Welterfahrung sichtbar.
Hardly Working (2022 | 20 min 30 sek) Mit ethnografischer Präzision beobachtet der Film sogenannte NPCs, digitale Statist*innen, die die hyperrealen Welten bevölkern, um den Anschein von Normalität zu erwecken. Hier sind das eine Wäscherin, ein Stallknecht, ein Straßenkehrer und ein Handwerker. NPCs sind digitale Sisyphus-Maschinen, die keine Perspektive haben aus ihren Handlungsschleifen auszubrechen. Ausgezeichnet mit dem europäischen Kurzfilmpreis 2023!
Kinderfilm (2023, 11 min 35 sek) Ein ganz normaler Tag im Spiel „Grand Theft Auto V“: Die Straßen sind voller Autos, die Menschen gehen ihren Routinen nach, grillen in ihren Gärten oder sonnen sich am Strand. Und doch ist die Welt von einer gravierenden Abwesenheit geprägt: einer fehlenden Zukunft, die aus Sicherheitsgründen abgesagt wurde. Unfähig die Leerstelle zu benennen folgt Protagonist Edgar den Spuren dessen, was im Code seiner Realität fehlt. Er erkundet eine wunderschöne, aber zutiefst albtraumhafte Normalität. (Text: Lemonade films)
Filmstill: How to Dissapear (2020, 21 min)